Donnerstag, 18. Dezember 2008

Figuren - Der Kobold

VORBEMERKUNG
Im Anschluss an sein früheres Traumspiel »Nach Damaskus« hat der Verfasser in diesem Traumspiel versucht, die unzusammenhängende, aber scheinbar logische Form des Traumes nachzubilden. Alles kann geschehen, alles ist möglich und wahrscheinlich. Die Gesetze von Raum und Zeit sind aufgehoben; die Wirklichkeit steuert nur eine geringfügige Grundlage bei, auf der die Phantasie weiter schafft und neue Muster webt: ein Gemisch von Erinnerungen, Erlebnissen, freien Erfindungen, Ungereimtheiten und Improvisationen.
Personen spalten sich, verdoppeln sich, vertreten einander, gehen in Luft auf, verdichten sich, zerfließen, treten wieder zusammen. Aber ein Bewusstsein steht über allem: das des Träumers. Für dieses gibt es keine Geheimnisse, keine Inkonsequenz, keine Skrupel, kein Gesetz. Es verurteilt nicht, es spricht nicht frei, es berichtet nur. Und da der Traum meist trauriger und nur selten heiterer Natur ist, geht ein Ton von Wehmut und von Mitleid mit allem, was da lebt, durch die sprunghaft fortschreitende Erzählung. Der Schlaf, der Befreier, verursacht oft Schmerz; aber wenn der Schmerz am heftigsten ist, tritt das Erwachen ein und versöhnt den Leidenden mit der Wirklichkeit, die, wie qualvoll sie auch sein mag, verglichen mit dem schmerzhaften Traum, in diesem Augenblick doch ein Ergötzen ist.
August Strindberg
Rina Thieleke als Der Kobold
Foto: Andreas David

Montag, 15. Dezember 2008

Figuren - Die Pförtnerin


Der Hintergrund wird aufgezogen; es zeigt sich ein neuer Hintergrund, der eine alte, düstere Brandmauer vorstellt. Mitten in der Mauer ist eine Gittertür, und dahinter ein Gang, der zu einem hellen Rasenplatz führt, auf dem ein riesiger blauer Sturmhut (Aconitum) wächst. Links neben der Gittertür sitzt die Pförtnerin, mit einem Schal um Kopf und Schultern, und häkelt an einer Sternendecke. ... Weiter rechts eine Tür mit einem Luftloch in der Form eines vierblättrigen Klees. Links von der Gittertür steht eine kleine Linde mit kohlschwarzem Stamm und vereinzelten hellgrünen Blättern; daneben ein kleines Fenster zur Pförtnerloge.

Lisa Tillmann als Pförtnerin
Foto: Andreas David

Donnerstag, 11. Dezember 2008

Figuren - Der Dichter

Der Dichter tritt auf, den Blick zum Himmel gerichtet, in der Hand einen Eimer mit Schlamm.

Chris Dehler als Dichter
Foto: Andreas David

Sonntag, 7. Dezember 2008

Figuren - Der Offizier


Die Vorstellungen laufen gut, sind gut besucht. Die Welt hinter der Vertäfelung scheint seinen Zauber mitzuteilen...und am Ende? Das leichte Lächeln um die Lippen des Offiziers zeigt an: "Für Menschen, die fühlen, ist das Leben eine Tragödie, für die, die denken, ist es eine Komödie" (Oscar Wilde)


Sebastian Becker als Offizier
Foto: Julija Goyd

Sonntag, 30. November 2008

Premiere

Lisa Marie Janke als Indras Tochter
Foto: Julija Goyd

Heute ist Premiere. Theater machen ist wunderbar- vom Träumen gehts übers Reden zum Ausprobieren und Spielen... Tränen, Lachen, Erschöpfung und Glück... und kein Gott, der einen erlöst!

Donnerstag, 27. November 2008

Figuren - Der Anwalt

Der Anwalt sitzt im Frack, mit weißem Halstuch, links hinter der Schranke, an einem mit Papieren überladenen Pult. Sein Gesicht zeugt von unerhörten Leiden; es ist kalkweiß, mit tiefen Furchen, fast violett in den Schatten, und von einer Hässlichkeit, in der sich alle Verbrechen und Leiden spiegeln, mit denen er sich in seinem Beruf befassen muss. Von seinen beiden Schreibern hat der eine nur einen Arm, der andere ist einäugig.

Peter Marty als Anwalt
Foto: Julija Goyd

Freitag, 21. November 2008

Figuren - Der Quarantänemeister

Bühnenverwandlung: Das Bett mit den Vorhängen wird zu einem Zelt; der Herd bleibt stehen; der Hintergrund wird aufgezogen; rechts im Vordergrund sieht man verbrannte Berge mit rotem Heidekraut und schwarz-weiß verkohlten Baumstümpfen, rote Schweinekoben und Schuppen. Dahinter eine Anlage für mechanische Heilgymnastik, wo Menschen von Apparaten, die Torturinstrumenten gleichen, behandelt werden. Links im Vordergrund ein Teil der Quarantäne-Gebäude, offene Hütten mit Feuerstellen, eingemauerten Kesseln und Rohrleitungen. Im Mittelteil der Bühne ein Sund des Meeres. Weit im Hintergrund ein schönes, mit Laubbäumen bewachsenes Ufer, mit Flaggen geschmückten Landungsbrücken, an denen weiße Boote vertäut liegen, teils mit gehissten Segeln, teils ohne Segel. Zwischen dem Laubwerk am Ufer kleine Sommervillen, Pavillons, Kioske, Marmorstatuen.
Der Quarantänemeister geht als Mohr verkleidet am Ufer entlang.

in der Mitte: Benjamin Felix Kramme als Quarantänemeister
außerdem: Lisa Tillmann und Sebastian Becker
Foto: Julija Goyd

Donnerstag, 20. November 2008

Figuren - Der Lehrer


Die Wand des gelben Hauses wird abgehoben. Drei Schulbänke sind zu sehen; daran sitzen Jungen. Unter ihnen sitzt der Offizier, unruhig und bekümmert. Vor ihnen steht der Lehrer, mit Brille, Kreide und Rohrstock.

Benjamin Felix Kramme als Lehrer
Foto: Julija Goyd

Sonntag, 16. November 2008

Figuren - Edit


In der Mitte wie zuvor der Sund, und im Vordergrund Schönbucht, in voller Beleuchtung. Rechts eine Ecke des Kurhauses, mit offenen Fenstern, dahinter tanzende Paare. Auf einer leeren Kiste draußen stehen drei Mädchen in Dienstkleidern, sie haben einander um den Leib gefasst und sehen dem Tanz zu. Auf der Terrasse über der Treppe zum Kurhaus steht eine Bank, darauf sitzt die »häßliche Edit«, ohne Hut, traurig, mit langem zerzaustem Haar. Vor ihr steht ein offenes Klavier.

Eva Bay als "Hässliche Edit"
Foto: Julija Goyd

Freitag, 14. November 2008

Daten

Premiere: 30. November 2008, 20 Uhr
Weitere Vorstellungen: 03., 04., 07. Dezember 2008, jeweils um 19 und 21 Uhr und am 05. und 06. Dezember, jeweils um 20 Uhr und am 10. und 11. Dezember jeweils um 19 Uhr

Ort: .BHC Kollektiv, Karl-Liebknecht-Straße 9, 10178 Berlin
Eintritt: 8,- / 6,- Euro ermäßigt
Reservierungen wegen begrenzter Zuschauerplätze erforderlich: ticket@ctp-berlin.com

Mit: Eva Bay, Lisa Marie Janke, Elisabeth King, Rina Thieleke, Lisa Tillmann, Sebastian Becker, Chris Dehler, Benjamin Felix Kramme, Peter Marty

Regie: Christoph M. Gosepath, Dramaturgie: Anne Gensior, Ausstattung: Teresa Hahn, Assistenz: Konstantinos Kakogiannis, Rina Thieleke

Sonntag, 9. November 2008

Mehr zum Stück

Einsichten um 1900

Dass der Traum eine Wunscherfüllung sei, ist eine allerspäteste Erfindung des 19. Jahrhunderts, die deren Macher schlauerweise und aus Gründen der Prinzipienbildung auf den Anfang des nachfolgenden Jahrhunderts datierte, ohne verhindern zu können, dass nur zwei Jahre später, 1902, mit den eben erst inventarisierten Mitteln der Traumbildung ein Autor den Beweis antrat, dass die Wirklichkeit „verglichen mit dem schmerzhaften Traum … doch ein Ergötzen ist.“ Dabei ist Strindbergs Stück alles andere als ein dramatisierter Albtraum. Dafür ist es zu episodenhaft, und die Dreiaktigkeit könnte eine Spannung suggerieren, die sich aber von Anfang an ganz von selbst absetzt. Es gibt keinen Paukenschlag am Ende des Traums, denn das Stück ist ein einziger Kommentar zu dem Lamento, dass es schade sei um die Menschen. Strindbergs Geschlechterkampf ist vorbei, die Malaise sitzt leider noch tiefer. Ob man auf dem „Strand der Schande“ sein Dasein verbringt oder in der „Schönen Bucht“, gleichviel, letztere ist nicht weniger servil, hässlich und absurd. Walzer werden dort unbarmherzig von Bach’schen Toccatas vertrieben, und hässliche Menschen sind dort genauso hässlich wie anderswo auch. In einer sehr schönen kleinen Szene laufen die Gesetze der Logik auf dem Strand der Analogiebildung auf, was dazu führt, dass der Lehrer mit seinen Schülern erst mal baden geht. Indras Tochter, ein halb-göttliches, halb-menschliches Wesen, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus; alles, was ihr von ihren drei männlichen Begleitern, dem Offizier, dem Advokaten und dem Dichter, vorgeführt wird, zeigt unter der hauchdünnen Oberfläche die prompte und rücksichtslose Desillusionierung. Das Glück lässt sich nicht festhalten, und der Mensch, der in diesen Gefilden am besten beneidet wird, ist ein blinder Mann, der eine so traurige Geschichte erzählt wie die Großmutter in Büchners „Woyzeck“. Kein Wunder, dass die materialistische Analyse des Advokaten nach Anhörung der Kohlenträger (nicht die Menschheit ist schlecht, sondern die Art, in der sie gelenkt wird) in der schönen Seele Indra keine zweite Jeanne d’Arc mobilisieren kann. Immerhin will sie später eine Bittschrift des Dichters in den göttlichen Etagen vortragen. Ob das aber irgendwie fruchten kann, ist sehr die Frage, denn was sich in einer späteren Szene die Dekane der vier Fakultäten an den Kopf werfen, ist sehr amüsant, gibt aber keinen Grund zur Hoffnung. Der Advokat nennt das oft nicht so richtig ernst genommene Widerspenstige „die kleinen Disharmonien des Lebens“, all das also, was in den gängigen heroischen Lebensberichten des Alltags herausgefiltert wird, weil es stört und nicht in das Bild passt, das uns mit unseren kleinen Paradiesen verbindet. Das Paradies heißt aber nur so, eine Zone in den Wortgefilden, in denen sich der Mensch ganz gut auskennt. Der Traum erinnert an die angebliche Vorgängigkeit dieser schwundstufigen Verballhornung, das ist seine Hölle. Die Wirklichkeit dagegen ist voller Schlafwandelei. Wo man auch ist, man wacht eigentlich nie richtig auf. Auch Strindberg deckt uns am Ende des Traums mit einer „Riesenchrysantheme“ zu. Chrysanthemen sind auch als Wucherblumen bekannt. Ein netter Unterstand. Ein seltsam schönes Theaterstück.

Dieter Wenk (07.02)

August Strindberg, Ein Traumspiel, in: Meisterdramen, München 1981 (dtv weltliteratur)

Donnerstag, 6. November 2008

Das Stück

"Ett Dromspel/Ein Traumspiel" von August Strindberg, erschienen 1902...

Sonntag, 2. November 2008

Der Ort

Wir haben uns geeinigt! CTP wird in den Räumen von .BHC "Ein Traumspiel" produzieren und am 30. November um 20h Premiere haben. Das ist grossartig. 

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Wo werden wir spielen?

Es ist immer schwierig, Theater zu machen. Warum eigentlich? Menschen, die nichts mit Theater zu tun haben, fragen sich, warum immer so viel Aufhebens gemacht wird um das Produzieren dieser kurzen, schon (manchmal) intensiven Momente, in denen mehrere Figuren in einer künstlich beleuchteten Situation Dinge verhandeln, die uns alle angehen sollen (mehr oder weniger). Das Produzieren braucht Zeit, es wird die Seele von Innen nach Aussen gekehrt, Alkohol fliesst, man streitet sich (trefflich), man hasst sich und liebt sich - und das alles schon, lange bevor überhaupt jemand die Inszenierung sieht. 
So auch bei uns. Bei uns ist es sogar noch besser - ehe überhaupt die Schauspieler zusammen kommen, um umeinander herum zu tanzen, wird schon um die Räume und die Zeiten, in denen sie zur Verfügung stehen sollen, virtuell so herum getanzt, dass einem ganz schwindelig davon wird...